last days
Unsere letzten Tage auf Lombok verbrachten wir überwiegend in der Unterkunft. Wir nahmen uns jeden Tag vor, einen weiteren Roadtrip zu machen oder sogar zur Insel "Gili Meno" zu fahren um dort zu schnorcheln. Das Klima wurde jedoch von Tag zu Tag unerträglicher. Wir schwitzten vom Nichts tun! Nicht einmal der Pool und das Meer dienten zur Abkühlung, denn das Wasser war extrem warm. Sogar die Locals kamen mit der Hitze nicht zurecht und fanden es seltsam. Wir befinden uns in der Regenzeit und es hatte nun schon über eine Woche keinen einzigen Tropfen mehr geregnet.
Wir waren wohl nicht die einzigen, die die Anlage der Unterkunft nicht verließen.
Die Liegen am Pool und Strand waren bis auf die sonnigen Plätze komplett belegt. Die Tage davor war bis auf zwei Liegen alles frei. Jede einzelne Bewegung war zu viel. Das dachten sich wohl auch die anderen Gäste.
Wir setzten uns zunächst in das Restaurant der Unterkunft und spielten Karten. Kurz darauf tauchte ein anderer Gast auf, der sich einen Tisch neben uns setzte. Der lustige Kerl war sehr gesprächig und hatte extrem gute Laune. So lernten wir Saiden, aus Malaysia, kennen.
Wir sind unglaublich froh über die Begegnung mit diesem absolut tollen Menschen. Mit Saiden unterhielten wir uns stundenlang und bemerkten gar nicht, wie die Zeit verflog.
Für den Abend verabredeten wir uns zum Essen in einem Restaurant in Senggigi, welches wir noch gar nicht kannten. Er wollte allerdings unbedingt mit uns dorthin.
Das Restaurant war traumhaft! Ein "Original-Italiener", der sein Lokal direkt am Strand hatte, mit Pizza aus einem Holzofen. Sofort fühlte man sich, als würde man Urlaub in Italien machen. Ihr denkt jetzt hoffentlich nicht, dass wir hier nur Pizza in Asien essen?
Saiden erzählte uns seine Geschichte, die wir hier kurz zusammenfassen möchten.
Saiden wurde in Malaysia, Penang, geboren und lebte dort bis er 18 war und die Schule beendet hatte. Sein Traum war es, Ingenieurwesen zu studieren. Seine Eltern hatten jedoch kein Geld, um Saiden das Studium finanzieren zu können. Die Schulausbildung in Malaysia ist kostenlos, für das Studium jedoch muss gezahlt werden. Saiden hatte sich vorgenommen in Europa zu studieren. Zu seiner Zeit war ein Studium in Europa viel angesehener als eines in Malaysia. Also machte er sich mit wenig Geld auf den Weg nach Europa. Die Reise trat er per Landweg an. So reiste er über Thailand, Bangladesh, Indien, etc bis er über Osteuropa irgendwann in der Schweiz landete. In der Schweiz suchte er sich zunächst einen Job, damit er Geld verdienen konnte.
Irgendwann verschlug es ihn dann nach Schweden. In Schweden landete Saiden in einer Gastfamilie. Diese kümmerte sich um ihn, sowie Saiden sich um die Familie kümmerte. Er half im Haushalt und bei anderen Arbeiten und war schnell Teil der Familie. Diese wollten ihn gar nicht mehr gehen lassen und behandelten ihn wie ihren eigenen Sohn. Schließlich belegte Saiden den Studiengang "Ingenieurwesen" und absolvierte diesen in Schweden.
Dort lernte er außerdem seine jetzige Frau kennen, mit der er 3 Kinder hat. Er lebte so noch weitere 17 Jahre in Schweden.
Irgendwann zog es ihn beruflich wieder nach Malaysia. Mit seiner Frau ist er nach wie vor verheiratet. Sie blieb jedoch in Schweden. Die zwei ältesten Söhne leben mittlerweile auch in Malaysia und arbeiten dort. Saiden geht oft nach Schweden um seine Frau und seine Tochter zu sehen, genauso kommen die beiden oft nach Malaysia um ihn zu besuchen. Sobald seine Frau in Rente ist, werden die beiden durch Asien reisen.
Saiden berichtete uns viel von seinen Reisen und das Leben in Schweden. Er ist ein ziemlich aufgeweckter Kerl und reißt einen Witz nach dem anderen, über den er sich selbst köstlich amüsiert. Vor allem sein Lachen ist absolut ansteckend!
Aufgrund seiner Art, hatten wir ihn natürlich sehr jung eingeschätzt und gingen davon aus, dass er nicht älter als 58 sein könnte. Wir waren umso überraschter, als er uns sein Alter verraten hatte: 71 Jahre!
71 und kein einziges graues Haar. Wie schaffen Asiaten so etwas? Saiden könnte ja fast schon unser Großvater sein.
Mit dem malayischen Vikinger unterhielten wir uns außerdem über die Kinderfilme "Pipi Langstrumpf" und "Michel aus Lönneberga", welcher im Original übrigens nicht Michel, sondern Emil heißt.
Am nächsten Tag trafen wir wieder auf Saiden und wir fragten ihn, wie es ihm geht. "Heute ist einer der schönsten Tage in meinem ganzen Leben!", antwortete er uns auf English.
Er berichtete uns, dass er einen Taxifahrer engagiert hatte und mit diesem die Gegend erkundete. Es zog ihn in ein Bergdorf, welches vom Erdbeben 2018 am schwersten getroffen wurde. Er traute seinen Augen nicht! Viele Leute hatten kein Zuhause mehr und waren noch immer dabei die Häuser wieder aufzubauen. Andere jedoch haben gar kein Geld sich erneut ein Haus zu bauen. Saiden erschrak bei dem Anblick. Es war vor allem die ältere Generation, die lediglich unter einer "Überdachung" ohne Wände, mit knapp 4 qm lebte. Saiden spricht auch indonesisch und nahm so den Kontakt zu den Dorfbewohnern auf. Einer der Bewohner erzählte ihm, dass damals ordentlich gespendet wurde, für die Opfer des Erdbebens. Die Spenden jedoch steckte die Regierung vermutlich teilweise selbst ein, da in diesem Dorf absolut nichts ankam. Kein einziger Cent! Saiden wollte helfen und kaufte so unzählige Säcke Reis, Öl, Gewürze, Obst und Gemüse für das Dorf. Dies wurde dann unter den Bewohnern verteilt.
Die Dorfbewohner waren ihm unglaublich dankbar und wollten ihn kaum noch gehen lassen. Sie fingen vor Freude sogar an zu weinen.
Saiden war überaus glücklich, dass er den Menschen ein wenig helfen konnte. Wenn das jeder tun würde, würde sich die Welt schnell verbessern. Leider kann man nicht alle retten, aber jeder kann seinen Teil dazu beitragen wenn er möchte.
Auch wir wären unglaublich gerne in dieses Dorf gefahren und hätten gerne etwas dazu beigesteuert. Leider stellt man sich dies immer einfacher vor als es tatsächlich ist. Wir gingen davon aus, dass wir selbst mit dem Roller dort hin fahren könnten. Saiden hatte jedoch den Vorteil, dass er indonesisch sprechen kann und viele Locals ihn für einen Indonesier halten. Dennoch hatte er einen Guide dabei, der ihm oft bei den Übersetzungen helfen musste. Wir hätten also keine Chance gehabt uns zu verständigen. Das nächste Problem wäre gewesen, dass wir "weiß" sind und die Bewohner uns so höchstwahrscheinlich ganz anders entgegen gekommen wären. Vermutlich eher scheu und verschlossen oder man wäre uns hinterher gerannt und hätte gebettelt. Man weiß es nicht. Jedenfalls war uns dies ohne Guide etwas zu... Wir wollen nicht sagen "unsicher" aber wir hätten uns wahrscheinlich unwohl gefühlt, da zwei fremde Kulturen aufeinander getroffen wären ohne sich verständigen zu können. Einen solchen Guide konnten wir auch nicht auftreiben also entschieden wir uns, das Dorf nicht zu besuchen. Zudem war es unser letzter Tag und wir überlegten zu lange. Im Nachhinein bereuen wir es natürlich ein Stück weit.
Der Abschied von Saiden und auch von Lombok fiel uns richtig schwer. Die Insel ist so atemberaubend schön und wir hatten mal wieder eine Menge Freundschaften geschlossen. Mit Saiden werden wir definitiv in Kontakt bleiben.
Für uns geht es als nächstes auf die kleine Insel "Nusa Lembongan" bei Bali.
Bis bald 🤗
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